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Forschungsfeld 1: Institutionalisierung, De-Institutionalisierung, Re-Institutionalisierung

Bild: IOS/neverflash.com

Das Forschungsfeld untersucht Ziele, Ausprägungen, Funktionen und Auswirkungen von Prozessen der Institutionalisierung, De-Institutionalisierung und Re-Institutionalisierung im östlichen und südöstlichen Europa in der langen Dauer. Ihm liegt ein offenes Verständnis von Institutionen als formelle und informelle Handlungsrahmen und Regelungssysteme für gesellschaftliches, politisches und ökonomisches Handeln von Akteuren zu Grunde. Dabei können Institutionen auch selbst die Rolle von Akteuren einnehmen. So verstanden, eröffnet die Erforschung von im Zeitverlauf uneinheitlichen Prozessen der Institutionalisierung zahlreiche Möglichkeiten für die Analyse von gesellschaftlicher und politischer Stabilität und Brüchen in Vergangenheit und Gegenwart im östlichen und südöstlichen Europa. Sie ermöglicht auch die Analyse kultureller Faktoren der Geltungskraft von Institutionen.

Das Forschungsfeld möchte in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen (den Geschichtswissenschaften, politischen Wissenschaften, der Ökonomie u. a.) die analytische Relevanz von Institutionen und Prozessen der Institutionalisierung, De-Institutionalisierung und Re-Institutionalisierung für die multi- und interdisziplinäre Erforschung des östlichen und südöstlichen Europas am IOS nutzbar machen. Die Begriffs-Trias lenkt den analytischen Fokus des Forschungsfeldes auf den Prozesscharakter von Entstehung, Wirken und Bestehen von Institutionen sowie ihre Erosion und Neubildung und die dafür jeweils bestimmenden Faktoren. Damit ist eine Perspektive, die historische und gegenwartsorientierte Zugänge verbindet, in der Natur des Gegenstandes angelegt. Wir interessieren uns dabei sowohl für formelle als auch informelle gesellschaftlichen und politischen Regelsystemen sowie ihre Interaktion.

Aus historischer Sicht liegt das analytische Potential der Fragestellung mit Blick darin, dass sie differenzierte Perspektiven auf die Erforschung politischer Brüche, auf soziale und politische Stabilität und die Herstellung und Legitimität politischer und sozialer Ordnungen (und ihrer Erosion) in Ost- und Südosteuropa von der Frühen Neuzeit bis heute eröffnet. Historische Forschung kann die drei Prozesse der Institutionalisierung, De-Institutionalisierung und Re-Institutionalisierung separat und in ihrer Interdependenz für verschiedene Ebenen und in verschiedenen Bereichen untersuchen: zum Beispiel für Städte, Regionen/Provinzen, staatlich-administrative Ordnungen und die überstaatliche Ebene oder für Unternehmen, politische Parteien oder soziale und kulturelle Einrichtungen. Sie kann aber auch nach der Bedeutung von institutionellen (Dis-) Kontinuitäten jenseits politischer Brüche sowie den mentalen Erbschaften von Institutionen fragen, etwa in Form von bestimmten Erinnerungskulturen, so dass sich vielfältige Forschungsperspektiven für unterschiedliche Teilbereiche historischer Forschung ergeben.

Aus politikwissenschaftlicher Sicht eröffnet die Thematik neue Perspektiven auf einen zentralen Begriff und Forschungsgegenstand verschiedener Teilfelder der Disziplin, darunter der politischen Theorie, der vergleichenden Politikwissenschaft und der Internationalen Beziehungen. In Bezug auf das östliche und südöstliche Europa stand in der Politikwissenschaft seit dem Ende des Kalten Krieges u. a. die Erforschung von institutionellem Wandel sowie der Dynamiken von politischer Kooperation und Konflikt auf lokaler, innerstaatlicher, regionaler und internationaler Ebene im Mittelpunkt verschiedener Teilgebiete, darunter der Transformations- und Demokratieforschung. Zu den Debatten um die Entstehung, den Wandel und auch den Zusammenbruch von Institutionen in diesen Teilgebieten treten regional und überregional vergleichende Analysen autoritärer Systeme und populistischer Herausforderungen im östlichen und südöstlichen Europa. Das Forschungsfeld bietet nicht zuletzt auch das Potential, Wissen und Erkenntnisse in Bezug auf diese komplexen Prozesse des Wandels politischer Institutionen für den intra- und inter-regionalen Vergleich nutzbar zu machen; zum Beispiel was den Aufstieg des (transnationalen) Populismus betrifft.

Eine Fokussierung auf Institutionalisierung, De-Institutionalisierung und Re-Institutionalisierung ermöglicht der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung am IOS die Integration in das neue Feld der New Comparative Economics, das Ursachen und Konsequenzen formeller und informeller institutioneller Entwicklung bzw. Variation erforscht. In diesem Rahmen kann ein konsistentes und komparatives Bild sozioökonomischer Konsequenzen der Transformation sowie der sich anschließenden (Re-)Integration der Region in die Weltwirtschaft vor dem Hintergrund der Globalisierung gezeichnet werden, samt deren Interdependenzen und Rückkopplungen auf Veränderungen ökonomischer aber auch politischer Institutionen sowie deren resultierender Effizienz. Insbesondere können Fragen nach der Abgrenzung institutioneller von technologischen Ursachen und Konsequenzen der Globalisierung der Produktion vor dem Hintergrund ihrer historischen Kontexte analysiert werden.

Geschichts-, wirtschafts- und politikwissenschaftliche Perspektiven auf Prozesse der Institutionalisierung, De-Institutionalisierung und Re-Institutionalisierung im östlichen und südöstlichen Europa bergen damit die Möglichkeit für eine neuartige, verdichtete multi-disziplinäre und vergleichende Erforschung von derartigen Prozessen am IOS. Das Forschungsfeld bietet darüber hinaus auch für andere wissenschaftliche Disziplinen vielfältige Anschluss- und Austauschmöglichkeiten. Es ermöglicht zudem eine stärkere Zusammenarbeit mit Teilbereichen des Leibniz WissenschaftsCampus „Europe and America in the Modern World. Transformations and Frictions of Globality and Present“ und öffnet sich damit für ein vergleichendes und verflochtenes Verständnis von Area Studies.

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